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NSU Motorrad mit Familien-Geschichte

Gerd Bittner übergibt im März 2022 seine historische NSU als Leihgabe an das kleine Motorradmuseum.

Noch in der Vorkriegszeit im Jahre 1935 und im Alter von 25 Jahren entschloss sich mein Vater Willi Bittner und sein Bruder, gemeinsam ein neues Motorrad zu kaufen. Es war nicht irgendeines, sondern schon das Beste und Stärkste, was zu dieser Zeit erhältlich war - die Tourenmaschine NSU OSL 501 für damals steuerfreie 500 Reichsmark.
Mit der Familie und Freunden gab es sehr schöne und abenteuerliche Touren durch ganz Deutschland, Österreich und sogar bis nach Norditalien - was zur damaligen Zeit schon eine gefühlte Weltreise war.

In der Kriegszeit sollte dann das wertvolle Motorrad von der Wehrmacht eingezogen werden. Auf dem Papier wurde die abgefragte Kilometerleistung von tatsächlichen 40.000 auf fiktive 140.000km erhöht, sodass die Maschine für den Fronteinsatz leider nicht zu gebrauchen war.
Nach dem Krieg hatten dann die Besatzungsmächte ein Auge auf die Maschine geworfen. Um der drohenden Beschlagnahme zu entgehen, wurde sie in ihre Einzelteile zerlegt. So fanden der Tank in einem Hühnerstall, der Motorblock hinter dem Küchenofen und die Räder unter den Betten ein neues vorübergehendes zu Hause.

Anfang der 1950er Jahre erstrahlte das gerettete Motorrad dann wieder in seinem alten Glanz und bescherte der Familie schöne Sonntagsausflüge. In schwacher Erinnerung habe ich noch eine wundervolle Tour, bei der mein Vater die Maschine lenkte, meine Mutter auf dem Rücksitz saß und ich vorne auf dem Tank.
Mit dem sich ändernden Zeitgeist und auch einem bescheidenen Wohlstand war das Motorradfahren nicht mehr so attraktiv und ein gebrauchter VW Käfer kam in die Familie. Die liebgewordene NSU wurde mal wieder auseinandergebaut und verschwand auf dem heimischen Dachboden.

Beim Umbau meines Elternhauses Mitte der 1980er Jahre kam das abgelegte Motorrad wieder zum Vorschein und ich entschloss mich, dieses grundlegend zu restaurieren und auch gleichzeitig den noch fehlenden Motorrad-Führerschein zu machen. Mit der Neuzulassung 1987 war dieses Projekt dann erfolgreich abgeschlossen und es gab viele herrliche nostalgische Touren allein oder mit meinem Sohn Daniel. Die letzte TÜV-Abnahme gab es 2002 und seitdem stand die Maschine zwar von Besuchern beachtet, aber eher unbewegt in der Garage.

2022 war die Zeit nun reif, um über die zukünftige Nutzung und den Verbleib des Familien-Motorrades nachzudenken. Die Überlegung, es nun wieder einzulagern, z.B. auf dem heimischen Dachboden wurde schnell verworfen. Glücklich war da die Option, die Maschine dem NSU Motorradmuseum Bottrop als Leihgabe zu überlassen. Hier ist es nun einem größeren Kreis von Interessierten zugänglich und wartet geduldig darauf, dass vielleicht meine Enkelkinder in einigen Jahres das historische Familienerbstück übernehmen wollen.